Die Politik der
Flüchtlingsabwehr erreicht immer extremer Züge, man zeigt Mitgefühl und
Hilfsbereitschaft nur für die Passagiere eines Ozeanriesen, für die Menschen
auf den Flüchtlingsschiffen gilt das meist nicht.
Ebendiese unterschiedlichen Empathien der
Deutschen und Europäer sind eine Ausdrucksform ihrer gruppenbezogenen Sozialisation, die
sich zunehmend sozildarwinistisch
definiert und dadurch zu einem rassistischen Gewaltakt wird. Die Herzen der
christlichen Abendländer sind jetzt wirklich hart geworden. Während man das
Schicksal der Costa Concordia mit voller Anteilnahme beehrt und die
Rettungsmaßnahmen wohlwollend mit noch mehr Mitgefühl begleitet, wird sich
über den Kapitän des Schiffes empört, weil er ein Hallodri ist der wenig Interesse
an den Rettungsmaßnahmen seiner Schutzbefohlenen zeigt. Jede Einzelheit des
privaten Schiffslebens des Kapitäns Francesco Schettino wird veröffentlicht und
Feuilletonisten sind aufgerufen, dem Unglück eine tiefere Bedeutung zu geben.
Spiegel online meint „ Es durfte nicht, aber es ist geschehen. Damit hat das
Unglück vor Giglio auch den Menschen etwas genommen, die gar nicht an Bord
waren: die Illusion totaler Sicherheit im schwimmenden Wunderland.“ Ein anderer
Erklärte (Matthias Politycki) in der Kulturzeit „den Verlust
von Vaterfiguren (1)“. Politycki
erklärt uns ganz Bedeutungsschwer die
Gesellschaftlichen Gegensätze auf
Luxusschiffen, die dominierende
Hotelmanager, das unmündige eingeengte
Personal und den unbedeutenden gelangweilten auf Show und Hollywoodauftritten
reduzierten Traumschiffkapitän.
Wenn der Kapitän eines
Ozeanriesen auf einen Winke – August beschränkt wird, ist das Abendland in
Gefahr. Das Abendland wird sich selbst verlustig, in der begleiteten Werte-
Diskussion dreht man sich immer mehr im Kreis auf der Suche nach Übervätern und
Helden.
In manchmal durchaus
differenzierten Debatten, Talkrunden usw. werden Helden z. B. der
preußischen Geschichte bemüht, Friedrich der Große dessen Geburtsjahr sich zum 300mal jährt wird zitiert, ein
Freigeist sei er gewesen und seine dienende Pflicht gegen über den Staat,
Beispiel gebend (2). Dass er ein
militärischer Hasadeur und Kriegstreiber war wird nur beiläufig erwähnt. Neben
bei werden der Jugend und andere Berufjugendlichen mythologische Helden in
Filmen und Fantasy-Romanen durch die Kulturindustrie versucht, - hier zeigt
sich nicht nur die Sehnsucht nach einer archaischen Naturromantik mit einen
Schuss Neuheidentum, sondern die auch in der Genre begründete Gewaltbereitschaft
in der die verschiedenen ethnischen Akteure bestimmte Charaktereigenschaften zu
gebilligt werden z.B. die Orcks (schwarz
und böse) und die Elben (weiß und gut) wie in den sehr
polemischen Film Herr der Ringe. Solche Filme leisten
durchaus ihren Beitrag zur rassistischen Identifikation und Randale.
Menschen in Seenot, die als
Flüchtlinge und MigrantInnen mit abenteuerlichen Pötten nach Europa wollen,
werden als nichtweiße und artfremde Charaktere beschrieben, beschimpft,
ignoriert, bedroht, in Lagern interniert und abgeschoben. So wurden Flüchtlingsschiffe
die Anlandung an das europäische Festland untersagt, havarierten Schiffen wird
die Seenotrettung verweigert.
Das diese Menschen durchaus
mutig handeln um nach Europa zu kommen, komm in den Wertekanon der Feuilletonisten, Philosophen und des deutschen und
europäischen Volksmenschen gar nicht vor, vielmehr bedauern sie ihr eigenes
Schicksal und klagen über den Werteverfall.
Anfang April 2011, zum Beispiel,
kentert in der Nähe der italienischen Insel Lampedusa in völlig überladenen
Fischerbooten mit mehr als 250 Flüchtlingen an Bord, das in Libyen gestartet
war. Das Unglück ereignete sich nachts bei schwerem Sturm, an Bord waren auch
Kleinkinder. 51 Menschen konnten lebend geborgen werden. ‚Der Tod von mehr als
200 Menschen wäre vermeidbar gewesen, wenn die Behörden ernsthafte
Rettungsaktionen unternommen hätten’ sagte der ehemalige Kapitän der Cap
Anamur, Stefan Schmidt. Der Ablauf der Rettungsaktion sei ‚ein Skandal’ gewesen
und habe in ‚keiner Weise’ den geltenden internationalen Standards für
Seenotrettung entsprochen. ….
Ende März 2011, so berichtet im
vergangenen Mai der britische Guardian, ignorierten Schiffe der Nato die
Hilferufe eines beschädigten Flüchtlingsbootes, das aus Libyen kam und wegen
Treibstoffmangels insgesamt 16 Tage auf offener See trieb. Ein
Militärhubschrauber warf zwar Kekse und Wasserbehälter für die Insassen ab,
doch zu ihrer Rettung wurde nichts unternommen. Ein Flugzeugträger, der sich in
Sichtweite befand, reagierte nicht. „Jeden Tag wachen wir auf und fanden neue Leichen,
die wir nach 24 Stunden über Bord warfen“, zitierte der Bericht einer
Überlebenden. 61 Menschen verdursteten, die Nato wies selbstverständlich jede
Verantwortung zurück.
Am. 4. August 2011 stieß die
italienische Küstenwache südlich der Insel Lampedusa auf ein 20 Meter langes
havariertes Holzboot mit fast 300 Flüchtlingen, das seit einer Woche mit
defektem Motor auf dem Meer trieb. An die hundert Insassen waren bereits an
Durst und Erschöpfung gestorben, die Leichen hatte man über Bord geworfen. Die
Überlebenden waren stark dehydriert, schwebten teilweise in Lebensgefahr und
wurden in Krankenhäuser auf dem italienischen Festland geflogen: Später stellte
sich heraus, dass das Boot schon frühzeitig von einem zyprischen Schlepper
entdeckt worden war. Dieser funkte ein SOS-Signal, fuhr aber weiter. Die
daraufhin von der italienischen Küstenwache alarmierte Nato lehnte es ab, den
Flüchtlingen zu helfen, obwohl eines ihrer Schiffe in nur 27 Seemeilen (etwa 50
km) Entfernung unterwegs war. Der italienische Außenminister Franco Frattini
warf der Nato deshalb unterlassene Hilfeleistung vor (3)
Nato Schiffe die zwar ein Volk (Libyen) befreien helfen aber die Seenotrettung
verweigern, sind also der Maßstab zweier extremen Gegensätze, die sich
gegenseitig beklatschen.
Die Asylsuchenden und MigrantInnen
werden wohl noch in der Zukunft von Menschjägern gejagt und abgeschoben. Gekenterte
Flüchtlingsschiffe werden in der Regel der deutschen und europäischen Härte
entsprechend ihrem Schicksal überlassen. So schauen deutsche und europäische
Empfindlichkeiten aus man schiebt ab was geht, verweigert die Seenotrettung und
sehnt sich dabei nach Elben, verantwortungsbewußte und souveräne (Traum) Schiffkapitäne und eben Könige. Bzw. nach einem Bundespräsidenten wie Gauck, der als
Bürgerrechtler zwar sehr viel über die Gefährlichkeit des Kommunismus sagt,
aber zu den Flüchtlingen und deren Menschrechte schweigt.
Die
Menschen aus Seenot zu retten, ist das mindeste was eine annähernd aufgeklärte
bürgerlich demokratische und christlich – jüdisch zivilisierte Welt zu leisten im
Stande ist, jedoch wo sich nationale Engstirnigkeit, Rassendünkel und
Neuheidentum sich breit macht, ist Entsolidarisierung an der Tagesordnung.
Deutschland ist mit seiner Abschiebepolitik ein Vorreiter der rassistischen
Randale in Europa.
Auch in der Oberpfalz wird
Stimmung gemacht gegen Asylsuchende und MigrantInnen, nicht nur von den
üblichen verdächtigen (Nazischurken und Rechtsradikalen) sondern auch von gutbürgerlichen
satten Deutschen. Wen ein Asylbewerberheim eröffnet wird, macht sich erst einmal
im Ort die ‚German – Angst’ breit (4). Diese
Angst kommt so scheint es daher, wie ein Orkan, in der die Entmenschlichung offenbar
die Stimmung vorgibt. Diese gruppenbezogene Bevorzugung der Nahverwandten gilt
es zu überwinden, damit der Mensch ein Mensch bleibt und Menschlichkeit erleben kann muss er für die Welt da draußen und daheim offen
sein.
Man kann nur hoffen, dass Solidarität und Mitgefühl für die
Asylsuchenden dort und anderswo entsteht, denn das ist die beste Antwort gegen
Vorurteile.
Antifagruppe Weiden Neustadt
PS:
Es gibt weltweit Millionen von
Personen, die aufgrund eines Krieges, einer Naturkatastrophe, aufgrund ihrer
religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer politischen und kulturellen
Vorstellungen zu Flüchtlingen werden. Sie suchen Zuflucht in sog.
Aufnahmeländern, doch oftmals kommen sie vom Regen in die Traufe. Zwar gibt es
diverse Organisationen, die sich um sie kümmern, aber dies reicht leider nicht
aus.
Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte äußert sich wiederholt zu den menschenunwürdigen Bedingungen in
den Sammellagern und während der Reisen der Flüchtlinge. Fast jedes europäische
Land wird vom Gerichtshof stark kritisiert (5).
Es gibt also Hoffnung, dass die Welt wieder etwas
zivilisierter wird.
Dass es Hoffnung gibt, zeigen
antirassistische AktivistInnen des Netzwerks Afrique-Europe-Interact.
Kurz vor Abflug der Air France
Maschine bemerkten die Aktivisten einen gefesselten, von Polizisten umringten
Afrikaner in den hinteren Reihen, der augenscheinlich abgeschoben werden
sollte. Daraufhin verhinderten die Mitglieder des antirassistischen
Netzwerks Afrique-Europe-Interact und auch einige andere
Fluggäste den Start des Flugzeuges, indem sie sich weigerten ihre Plätze einzunehmen.
Dem Piloten blieb nichts anderes übrig als den Start abzubrechen und die
Polizei zu alarmieren (6).
Die taz zitiert in einem Artikel
einen der Reisenden: „Wir haben Schreie aus der letzten Reihe gehört und dann
gesehen, wie zwei Polizisten das Gesicht des Gefesselten auf seine Knie
gedrückt haben.“ In einem ähnlichen Fall war 1999 der sudanesische
Flüchtling Aamir Ageeb ums Leben gekommen. BGS-Beamte hatten den Mann in
einer Lufthansa-Maschine noch am Frankfurter Flughafen durch „massives Niederdrücken“
erstickt. Ein Fall, der den Aktivisten, die in Paris aufstanden, sicherlich
nicht unbekannt gewesen ist. Aus dem Air-France-Flugzeug wurden 14 Protestierende
von Polizisten in Kampfmontur abgeführt und bis Mitternacht im Flughafengefängnis
festgehalten. Die Abschiebung hatten sie mit ihrer Aktion jedoch verhindert.
Der verspätete Flug verließ Paris letztlich ohne den von Abschiebung bedrohten
Mann..
Fischtrawler rettet rund hundert Flüchtlinge von Boot
Rom – Ein italienischer Fischtrawler hat im Mittelmeer
mehr als hundert Menschen von einem leckgeschlagenen Flüchtlingsboot gerettet.
Unter den insgesamt 103 Flüchtlingen befänden sich 21 Frauen und ein Kind,
teilte die italienische Küstenwache mit. Die Menschen seien auf die
italienische Mittelmeerinsel Lampedusa gebracht und dort in einem
Flüchtlingslager untergebracht worden. Es gehe ihnen den Umständen entsprechend
gut, erklärte die Küstenwache (7). Man kann nur hoffen, dass die Flüchtlinge
bald ein Bleiberecht bekommen und frei reisen können.
Anhang:
(1)
(2)
(3)
Darwin ahoi!
(4)
Zwar warnt der Bürgermeister vor
Vorurteilen, aber wie die Überschrift des Textes schon ankündigt, wird eine negative
Tendenz der Einheimischen gegenüber den Asylsuchenden leider sichtbar.
(5)
(6)
(7)
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