Mittwoch, 8. Januar 2020

Gleichschaltung der Erinnerung.

Eike Geisels zuletzt erschienenes Buch »Die Wiedergutwerdung der Deutschen« stieß auf große Resonanz, von der auch der Film »Triumph des guten Willens« von Mikko Linnemann über ihn zeugte. In einem weiteren Band seiner Schriften werden enthalten sein u.a. Beiträge zum Antisemitismus der Linken, Spurensuche nach jüdischem Leben in Berlin, Überlegungen zu Hannah Arendt und den Menschenrechten und einige der zahlreichen Artikel und Vorträge, in denen er den Antisemitismus und das Verhältnis der Deutschen zu den Juden analysiert.

Eike Geisel: Die Gleichschaltung der Erinnerung. Kommentare zur Zeit
 Buchvorstellung mit Klaus Bittermann | Im Laidak:

Di - 14/1/2020 | 19:30 Uhr
»Marx bemerkt einmal, die Deutschen hätten in ihrer Geschichte immer nur die Restauration der anderen Völker geteilt, nie aber deren Revolutionen. Dieses Resümee war, wie man heute sieht, leider auch eine futurologische Prognose. Das Neue war das Immer - gleiche, es gab keine Revolutionen, stattdessen Reprisen. Bei diesem immerwährenden Dakapo erwiesen sich Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit als monotone und besonders zählebige Grundströmung: sie sind das Ostinato der neueren deutschen Geschichte.« (Eike Geisel) Kritik: https://jungle.world/index.php/artikel/2015/45/der-versoehnungsverweigerer

"... Eben diese Reflexion auf die hiesigen Verhältnissen ließ ihn spätestens Ende der siebziger Jahre auf Distanz gehen: zu Deutschland, zur Linken, zum Antizionismus, zu sich selbst. Henryk M. Broder meinte einmal, das, was Geisel da 1975 gegen Israel geschrieben hatte, nahm er sich später selbst übel (Broder 2009). ...
Skeptisch gegen die »manische Beschäftigung der Deutschen mit jüdischen Dingen« (Geisel 1992a, 16) dechiffrierte Geisel den deutschen Judenneid als Opferneid. Und in der behaupteten »besonderen Verantwortung für die Juden« und in der Volte zur »Kritik« am jüdischen Staat, also im Bedürfnis der Deutschen, die Bewährungshelfer der Juden zu spielen, verriet der Philosemitismus früh schon seine Wahrheit als Antisemitismus. Geisel analysierte ein »unersättliches Verlangen, die einst Ausgestoßenen sich auf jede nur denkbare Weise einzuverleiben, sei es durch die grassierende Vorliebe für jüdische Vornamen, die peinliche Überwachung israelischer Politik, den ununterbrochenen christlich-jüdischen Dialog, die Inbesitznahme jiddischer Folklore«, denn »am jüdischen Wesen soll Deutschland genesen« (Geisel 1992a, 60). Die Aufgabe der Juden sei es dabei allenfalls, »für die Bonität der Firma zu bürgen oder zuhause den Henker zu trösten«, (ebd., 67), oder aber »als moralische Pausenclowns für das wohlige Gruseln, für die kleine Betroffenheit zwischendurch zu sorgen«: »Die Juden erinnern an die Pogrome und die Deutschen veranstalten sie. Die Juden mahnen und die Deutschen machen.« (ebd., 73)
Philosemitische Ergriffenheit und antiisraelisches Ressentiment, deutscher Opfergestus und betonierte Aufarbeitung – dergestalt wurde »Erinnerung in Deutschland zur höchsten Form des Vergessens« (ebd., 42). ... "

Darum: 
Schankwirtschaft Laidak | Boddinstraße 42
12053 Berlin | laidak.net
täglich | ab 12 Uhr

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